Lernhilfe
Seit nunmehr 30 Jahren erhalten Kinder in Altenstadt Unterstützung bei der Hausaufgabe.
Die Fäden im Hintergrund zieht Herr Schocker als Vorsitzender der örtlichen Caritas. Seit 1996 ist die Lernhilfe unter ihrem Dach: „Mir war klar, dass die Lernhilfe nicht wegfallen darf“. Sie finanziert für die Betreuer auch eine Versicherung und ein gemeinsames Essen, um Danke zu sagen, zurück- und vorauszublicken.Herr Schocker koordiniert den Betreuungsplan und hält Kontakt zur Schule. Allein bei diesen organisatorischen Aufgaben ist es nicht geblieben. Über viele Jahre ist er selbst auch aktiver Lernbegleiter. „Ich sehe das als eine gesamtgesell-schaftliche Aufgabe, Kindern zu helfen, schulisch weiterzukommen. Über Bildung können die jungen Leute es schaffen, mit beiden Beinen im Leben zu stehen“, begründet er seine Motivation. Nur zwei Kinder konnte er im Laufe der Jahre nicht bei der Lernhilfe halten, obwohl hier nochmals der Weg über ein Gespräch mit Schulleiterin und Eltern gegangen wurde: „Da muss man dann auch mal konsequent sein, denn ein anderes Kind wartet ja schon auf die Förderung“. Seit Bestehen der Lernhilfe sind es 132 Kinder, denen schulisch geholfen werden konnte.
Obwohl dieses Unterstützungsangebot sehr im Stillen wirkt, so vermag es doch, weite Kreise
im Lebenslauf mancher Mädchen und Buben zu ziehen. Auf der 20-Jahrfeier 2010 waren einige Ehemalige erschienen, die von ihrem Erfolg berichten konnten, u. a.ein erfolgreicher Handwerker mit eigenem Betrieb und eine Lehrerin.
Darüber freut sich ganz besonders die Gründerin der Lernhilfe. „Waltraud Pfandlbauer ist das pädagogische Gewissen von Altenstadt“, beschreibt Herr Schocker ihre Lebensleistung. Erst mit 70 Jahren übergab Frau Pfandlbauer 2013 die Lernhilfe, deren „Seele“ sie seit 1990 war,in die Hände von Herrn Schocker. Im Rückblick sieht die Pensionärin als ausschlaggebenden Grund, eine Hausaufgabenbetreuung ins Leben zu rufen, ein Gespräch mit einer italienischen Mutter an. Da diese einer Lohnarbeit nachging, fragte sie die Grundschullehrerin ihres Erstklässlers, Frau Pfandlbauer, nach einer außerschulischen Betreuungsmöglichkeit, die in Altenstadt jedoch nicht etabliert war. Daneben gab es Gespräche mit Frauen, die sich gerne ehrenamtlich engagieren wollten. So war die Idee geboren. In der Anfangszeit wurden acht Kinder begleitet und es konnten für dieses Vorhaben viele Helferinnen und Helfer gewonnen werden. Ihre Zahl beläuft sich im Laufe der dreißig Jahre auf 65 Frauen und Männer aus Altenstadt. Als immer mehr Geflüchtete nach Altenstadt kamen, wurde die zusätzliche Betreuung von Schulkindern umso wichtiger.Aber es ist ein Irrtum zu glauben, dass nur ausländische Kinder aufgenommen worden waren. Neben Kosovaren und Kosovoalbanern, Bosniern, Mazedoniern, Serben, Griechen, Portugiesen, Italienern, Türken, Bulgaren, Ungarn, Russen, Polen oder Thailändern lasen, schrieben und rechneten auch einige deutsche
Kinder bei den Lernhelfern. Kam ein Kind nicht zur Hausaufgabenbetreuung, schaute Frau Pfandlbauer auch schon einmal bei ihnen zu Hause vorbei, um Eltern und Kindern ins Gewissen zu reden. „Ich wollte immer allen Ärger von den Frauen und Männern der Lernhilfe weghalten, so dass nicht zwei Erwachsene bei einem Kind sitzen“, erzählt sie. „Manchmal baten mich die Eltern aber zu einem Kaffee herein, das war dann eher nett als eine Ermahnung“. 23 Jahre lang übernahm Frau Pfandlbauer an vier Nachmittagen in der Woche diese Aufgabe. „Es geht ja nicht nur um die Hausaufgaben, sondern auch darum, dass man sich der Kinder annimmt“, so beschreibt sie ihre Sicht der Dinge. „Da wird keiner rausgeworfen, und wenn, dann muss er halt danach bei uns daheim die Hausaufgaben machen“. Schon vor der offiziell gegründeten Lernhilfe hatten Frau Pfandlbauer und ihre Mutter den Bedarf an zusätzlichen Hilfen wahrgenommen und die Initiative ergriffen, zunächst noch am eigenen Küchentisch. Mit Hilfe der Pfarrei konnte ab 1990 auf mehrere Räume ausgewichen werden, zunächst im unteren Geschoss des Kindergartens, dann in den Jugendräumen des sogenannten Lagerhauses bis hin zu zwei Räumen in der Altenstädter Grundschule. Immer hätten die Schulleitungen Herr Kulot, Herr Lehmann, Frau Russ und aktuell Frau Mroß die Lernhilfe sehr geschätzt und hätten unter keinen Umständen auf sie verzichten wollen, erinnern sich Frau Pfandlbauer und Herr Schocker. Denn in der Lernhilfe geht es wirklich nicht nur um die Hausaufgabe. Beispielsweise kennt das Problem der mäßig gefüllten Federmäppchen wohl jeder Lernhelfer. Da wird dem mysteriösen Schwund an Zirkel und Stiften schon einmal auf den Grund gegangen und die große Schwester als Diebin entlarvt. Somit werden nicht nur Lern-, sondern auch Lebenshilfe im Umgang mit älteren Geschwistern oder im Ranzenpacken gewährt, immer mit viel Einfühlungsvermögen und Freude am Umgang mit den Kindern. Dies soll auch in den nächsten Jahren mit Hilfe der ehrenamtlichen Helfer so bleiben.
Neue Gesichter sind stets willkommen!
Weil es immer Kinder gibt, die sich in der Schule „schwer“ tun …
Katrin Herz, Wilhelm Schocker